Ein Blick auf gesellschaftliche Rahmenbedingungen und strukturelle Hürden
Frauen im Sport sind weltweit auf dem Vormarsch – auf den Spielfeldern, in der Öffentlichkeit und in der Forschung. Dennoch ist die Sichtbarkeit weiblicher Sportlerinnen im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen nach wie vor gering. Wie eine kürzlich durchgeführte Analyse zeigt, wurde Sport über Jahrhunderte als „männliche Domäne“ konstruiert, während Frauen entweder ausgeschlossen oder auf dekorative Nebenrollen reduziert wurden. Die sogenannte „Bewegungsgeschichte der Frau“ war lange von Begrenzung geprägt: Was als weiblich galt, sollte zart, ruhig und diszipliniert sein – sportlicher Ehrgeiz und körperliche Kraft galten als unweiblich.
Quelle: ORF Science, 2024
Dieser kulturelle Ballast wirkt bis heute nach. Laut einer 2024 durchgeführten Analyse sind es vier zentrale Gründe, warum der Frauensport medial und strukturell oft untergeht:
Keine Bilder – keine Storys – kein Geld – keine Strategie.
Solange weibliche Sportleistungen weniger gezeigt, weniger erzählt und schlechter finanziert werden, bleibt die Bühne begrenzt. Ein Teufelskreis: Wer nicht sichtbar ist, erhält keine Förderung – und ohne Förderung bleibt man unsichtbar.
Quelle: Der Standard, 2024
Dabei hat sich das Verständnis von Sport im Zuge feministischer Bewegungen stark verändert. Wie in der aktuellen Literatur dargelegt wird, ist Sport heute auch ein Ort des Empowerments, der Körpererfahrung und der Selbstermächtigung. Insbesondere junge Frauen nutzen den Sport, um sich selbst auszudrücken, Grenzen zu verschieben und solidarische Gemeinschaften zu bilden. Feministische Sportpraxis bedeutet auch: die Kontrolle über den eigenen Körper zurückzugewinnen – gegen eine lange Geschichte der Fremdbestimmung.
Quelle: Sport und Feminismus (Campus Verlag, 2025)
Vereine im Bezirk Waidhofen an der Thaya leisten in diesem Zusammenhang wertvolle Arbeit. Sie bieten Mädchen und Frauen nicht nur sportliche Förderung, sondern auch Räume, in denen sie Selbstbewusstsein und Gemeinschaft entwickeln können.
Sportakrobatik Dobersberg
Seit über 30 Jahren steht der Verein Sportakrobatik Dobersberg für Leistungsfreude, Teamarbeit und spektakuläre Shows. Rund 100 aktive Sportler:innen, fast ausschließlich Mädchen und junge Frauen, trainieren regelmäßig in verschiedenen Leistungsgruppen.
Die Sportakrobatinnen treten nicht nur bei regionalen Bewerben an, sondern sind auch bei internationalen Wettkämpfen, wie Europa- oder Weltmeisterschaften, vertreten. 2023 begeisterten sie beim 30-Jahr-Jubiläum im Stadtsaal Waidhofen über 700 Besucher:innen mit akrobatischer Präzision und eindrucksvollen Choreografien. Die Sektion Sportakrobatik ist wie eine „große Familie“. Wer einmal dabei ist, bleibt meist viele Jahre. Gemeinsame Erlebnisse bleiben für immer in Erinnerung. Freundschaften fürs Leben entstehen.
Was diesen Verein besonders macht: Er bietet Mädchen Raum, um Selbstvertrauen, Körperspannung und Mut zu entwickeln. Hier wird körperliche Stärke mit Kreativität und Bühnenpräsenz verbunden – ein empowernder Raum für junge Frauen, die wachsen wollen.
Bogenschützenverein Oberedlitz
Etwas versteckt, aber umso wirkungsvoller: Der Bogenschützenverein Oberedlitz betreibt einen beeindruckenden 3-D-Parcours mit 34 naturgetreuen Zielen auf rund 4,2 Hektar Waldfläche.
Besonders erfreulich ist, dass immer mehr Frauen und Mädchen diesen Sport für sich entdecken – sei es im Training, bei Kursen oder im Rahmen von Schulbesuchen. Der Bogensport fördert Fokus, Ruhe und Zielstrebigkeit – Werte, die in einer schnelllebigen Welt immer mehr an Bedeutsamkeit gewinnen.
Der Verein besteht aktuell aus etwa 50 % Frauen und 50 % Männern. Diese ausgewogene Mischung ist nicht nur Ausdruck eines lebendigen Miteinanders, sondern auch essenziell dafür, den Verein und die damit verbundenen Erhaltungsmaßnahmen im Parcours langfristig aufrechtzuerhalten.
Durch Schnuppertage, Turniere und Vereinsaktivitäten öffnet Oberedlitz regelmäßig die Tür für Einsteiger:innen. Ein Ort, an dem sportliche Leistung nicht durch Lautstärke, sondern durch Konzentration sichtbar wird und an dem Frauen ihren Platz selbstverständlich einnehmen.
Cheerleader „Magic Spirits“ Kautzen
Gegründet 2005 als Teil des USV Kautzen, sind die „Magic Spirits“ eine echte Erfolgsgeschichte. Das Cheerleading-Team umfasst heute mehrere Altersklassen – von Minis über Juniors bis zu Seniors – und bietet vor allem Mädchen und jungen Frauen einen einzigartigen Mix aus Akrobatik, Tanz, Ausdruck und Teamwork.
Die Magic Spirits sind nicht nur auf lokalen Bühnen zu sehen, sondern treten regelmäßig bei nationalen und internationalen Wettbewerben an. Zu den Erfolgen zählen etwa der 6. Platz bei der UCA Allstar Championship in Orlando (USA), mehrere Titel bei Landesmeisterschaften und die Teilnahme an den Bayern Cheer Masters.
Was hier zählt: Zusammenhalt, Disziplin und Spaß an der Bewegung. Der Verein bietet weiblichen Jugendlichen eine Bühne, auf der sie Selbstbewusstsein entwickeln, auftreten und über sich hinauswachsen können.
Gemeinsam sichtbar werden
Diese drei Vereine zeigen: Frauensport im Bezirk ist nicht nur lebendig, sondern vielseitig und zukunftsorientiert. Dabei geht es nicht nur um Leistung, sondern auch um Sichtbarkeit und Anerkennung. Noch immer fehlt es an medialer Präsenz und gezielter Förderung für Frauensport – auch auf lokaler Ebene.
Gerade deshalb ist es wichtig, Geschichten wie diese zu erzählen. Sie zeigen, wie engagierte Vereinsarbeit, ehrenamtlicher Einsatz und sportlicher Ehrgeiz Räume für Mädchen und Frauen schaffen – Orte, an denen sie sich ausprobieren, entwickeln und behaupten können.
Quellen: